Herkunft

Woher kommst du?

Mit ethnischer Herkunft ist die Abstammung eines Menschen gemeint. Äussere Merkmale können unter anderem Hautfarbe, sprachliche Besonderheiten oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe sein.

Sieht ein Mensch anders als die Mehrheit aus, wird dieser schnell als fremd wahrgenommen und gefragt: «Woher kommst du?» Die Frage mag zwar nur neugierig sein, sie ärgert aber die Gefragten oft. Denn sie sagt gleichzeitig: «Du bist nicht von hier.»

Oft werden Menschen aufgrund der Hautfarbe oder religiösen Symbolen wie Kopftuch oder Kippa als anders und fremd wahrgenommen. Diese Menschen werden häufig diskriminiert. Das heisst: Sie werden ausgegrenzt und benachteiligt. Dies geschieht beispielsweise bei der Wohnungssuche, bei Stellenbewerbungen oder polizeilichen Kontrollen.

Oft handelt es sich um Menschen, die eingewandert oder geflüchtet sind. Auch ursprüngliche, indigene Bevölkerungen in kolonialisierten Ländern sind betroffen.

Je grösser die Andersartigkeit ist, desto heftiger fallen die Reaktionen aus. Dabei ist egal, wie sich die Betroffenen selbst sehen und ob sie In- oder Ausländer:innen, Geflüchtete oder Migrant:innen sind.

Fremde im eigenen Land? Alltagsrassismus in Deutschland | DW Deutsch

Apartheid

In Südafrika wird die ursprüngliche Bevölkerung ab dem Moment der Kolonialisierung unterdrückt und versklavt. Die weissen Bur:innen, die von den Niederländer:innen abstammen, und später die Engländer:innen betrachten sich als den Schwarzen überlegen.

Als 1948 die National Party an die Macht kommt, führt sie die Apartheid offiziell ein: Die Menschen werden nun nach Hautfarbe getrennt. Alle nicht-weissen Personen werden politisch, wirtschaftlich und sozial benachteiligt:

  • Sie dürfen nicht wählen.
  • Sie werden umgesiedelt.
  • Sie dürfen bestimmte Gebiete nicht mehr betreten.
  • Sie müssen spezielle Pässe bei sich tragen.

Gesetze legen fest, dass sich weisse und nicht-weisse weder lieben noch heiraten dürfen.

Dieses Unrecht-Regime endet erst 1994. In diesem Jahr kommt der African National Congress ANC an die Macht und Nelson Mandela (1918–2013) wird als Präsident gewählt.

«Ich fordere mein Schwarzsein zurück»

Zanele Muholi zeigt in einer Serie Selbstporträts wie Schwarze Frauen im Laufe der Geschichte dargestellt werden. Die Bilder thematisieren gesellschaftliche Gewalt und hinterfragen unterdrückerische Stereotypen. Der Titel der Werkserie Somnyama Ngonyama heisst auf Deutsch «Gepriesen sei die dunkle Löwin».

Zanele Muholi nutzt für die Inszenierung banale Haushaltsgegenstände. Damit verweist Muholi auf die gesellschaftlichen und kulturellen Einschränkungen Schwarzer Frauen. Muholi steigert den Kontrast in diesen Selbstporträts, indem die Dunkelheit der Haut übertrieben dargestellt wird. Muholi sagt dazu: «Ich fordere mein Schwarzsein zurück, das meiner Meinung nach ständig von anderen, besser gestellten in Anspruch genommen wird.»

Zanele Muholi, Qiniso, The Sails, Durban, 2019
Zanele Muholi, Qiniso, The Sails, Durban, 2019

Qiniso, The Sails, Durban, 2019

Qiniso bedeutet «Wahrheit» auf isiZulu. Muholis Haare sind mit Afro-Kämmen verziert. Diese Kämme wurden speziell für die Haare Schwarzer Menschen entwickelt.

Die Frisuren sind in der afrikanischen Kultur ein Symbol für Gegenkultur, Widerstand und Stolz. Der Afro-Kamm dient in vielen afrikani­schen Gesellschaften schon seit Jahrhunderten als Sta­tus-Symbol.

Zanele Muholi, Bester I, Mayotte, 2015
Zanele Muholi, Bester I, Mayotte, 2015

Bester I, Mayotte, 2015

Die Bester-Porträts sind eine Würdigung von Muholis Mutter. Die Mutter arbeitete über vierzig Jahre als Hausangestellte für eine weisse Familie. Mit ihrem Lohn ernährte sie die achtköpfige Familie alleine.

Die südafrikanischen Gesetze während der Apartheid zwangen People of Colour dazu, Niedriglohnjobs auszuüben und als «unge­lernte Arbeitskräfte» zu arbeiten.

Muholi würdigt mit den Selbstporträts Bester die vielen Hausangestellten, deren Beitrag zum Wohl­stand ihrer Familien oft nicht anerkannt wird. Die Wäschklammern verweisen auf Besters Arbeit im Haushalt. Gleichzeitig bilden sie eine Krone.

Zanele Muholi, Kwanele, Parktown, 2016
Zanele Muholi, Kwanele, Parktown, 2016

Racial Profiling

Oft werden Menschen, die als andersartig wahrgenommen werden, als «gefährlich» eingestuft. Wenn dies Behörden wie die Polizei oder der Grenzschutz tun, spricht man von «Racial Profiling». Schwarze Menschen werden oft mehr kontrolliert und benachteiligt.

Dieses Bild zeigt Muholi hinter einer Plastikfolie, mit der Reisegepäck umwickelt war. Muholi thematisiert damit Racial Profiling und die ständige Kon­trolle, der Schwarze Menschen beim Reisen ausge­setzt sind.

Das Bild erzählt zudem vom Be­dürfnis nach Schutz. Auch das Gefühl, ent­blösst und der eigenen Würde beraubt zu sein, spielt eine Rolle. Der Titel bedeu­tet «genug».

Zanele Muholi sagt: «Schwarzen Men­schen werden Fragen gestellt, die Menschen anderer Her­kunft nicht gestellt werden. Was machen Sie hier? Wann gehen Sie zurück? Wenn das passiert, fühlt man sich wie Abschaum.»

Bleistift-Test

Das Selbstporträt Nolwazi II, Nuoro, Italy be­zieht sich auf den «Bleistift-Test». Der Bleistift-Test war eine rassistische Praxis während der Apartheid in Südafrika.

Wenn die Behörden unsicher waren, ob eine Person als weiss eingestuft wer­den sollte, wurde ihr ein Bleistift ins Haar ge­steckt. Fiel der Stift he­raus, galt das Haar als glatt und nicht gekräuselt. Damit war der Test «bestanden». Die Person wurde als weiss «klassifi­ziert».

Dieses Bild kritisiert Tests und Theorien, die Ausgrenzung rechtfertigen. Der Titel bedeutet «Wissen».

Zanele Muholi, Nolwazi II, Nuoro, Italy, 2015
Zanele Muholi, Nolwazi II, Nuoro, Italy, 2015